Wie eine Libelle, die bei der Landung mit Eisspray begrüßt wurde, verbrachte ich die letzten 11 Wochen. Die Starre versuche ich nun mit diesem Blog-Eintrag weg zu knabbern, meine Flügel wieder zu bewegen und zu fliegen.
Bereits während der Vietnamreise und kurz danach habe ich aufgeschrieben, was mich bewegte, was ich wahrnahm, was mir bedeutend vorkam, was ich nicht vergessen mochte und was mir wichtig erschien. Auch wenn ich ursprünglich vor hatte meine Reiseberichte hier im Blog zu veröffentlichen, erscheint es mir nunmehr inaktuell und auch nicht mehr von Nöten, da wir bereits gemeinsam den Tourblog mit Leben gefüllt hatten. Wer sich für die Berichte interessiert, dem empfehle ich unbedingt das Vorbeischauen auf folgenden Tourblog-Einträgen, die chronologisch zu den hier gezeigten Fotos passen:
Hanoi – Eindrücke im Sekundentakt
Ich möchte Euch vielmehr ein Stück auf meine Gedankenreise mitnehmen, die ich kurz nach meiner Rückkehr aus Vietnam hatte. Vielleicht findet der ein oder andere sich in manchen Lebenssituationen auch wieder und ist froh nicht allein mit solchen Gedanken zu sein.
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Mallorca, 28.03.2016
Seit Tagen drängen meine noch völlig wirren Gedanken mich die Finger zu bewegen und die Worte fließen zu lassen. Doch ich habe mir die Zeit dazu nicht nehmen wollen, weil alles total unsortiert in mir ist. Ich kann nichts priorisieren, ich kann keinen roten Faden finden, keine Botschaft, keinen Fahrplan, keine Richtung und kein Ziel. Was soll ich also daraus machen und was soll das vor allem bringen?
Ständig hänge ich unterschiedlichsten Gedanken nach und ständig strenge ich mich an herauszukristallisieren, was als nächstes zu tun ist und je mehr ich mich anstrenge, desto verschwommener das Bild.
Und da kommt sie mir wieder, die Idee vielleicht einfach mal loszulassen und nicht mit Anspannung zu glauben den Weg finden zu müssen. Mit jedem Tag, der seit meiner Rückkehr aus Vietnam verstreicht, habe ich den Eindruck die Erinnerungen und die Erkenntnisse wie Sandkörner durch die Sanduhr unwiederbringlich zu verlieren. Und dann spanne ich mich wieder an, weil ich genau das nicht will. Ich wollte klar, überzeugt und eindeutig herausfinden, noch besser bereits wissen, was ich in Vietnam lassen, was ich mitnehmen und was ich ändern möchte.
Doch so leicht ist das gar nicht. Mein Leben hier funktionierte auch schon vor meiner Abreise. Wie ein großes Puzzle hatte jeder und alles seinen Platz, jeder und alles seine passende Form und es ergab ein wunderbares und komplettes Bild. Nun drängt sich natürlich die Frage auf warum möchte ich das denn überhaupt ändern? Berechtigte Frage und doch ist da etwas in mir, dass mich bittet, gar drängt nach Erkenntnis und Änderung. Denn letztlich hatte es ja auch einen Grund, warum ich diese Reise gemacht habe.
Und so drängen sich wieder diese Fragen in meinen Kopf. Warum habe ich diese Reise überhaupt gemacht? Was habe ich mir versprochen? Sind meine Wünsche, Erwartungen und Vorstellungen erfüllt worden? Was habe ich gehofft mit nehmen zu können? Was habe ich mitgenommen? Welche neuen Ziele ergeben sich daraus? Und wann will ich welche erreichen? Was soll bleiben wie es war? Was soll sich ändern? Was lasse ich da? Was hat die Reise, die Begegnungen und die Erfahrungen mit mir gemacht, in mir ausgelöst und was wurde in mir angestoßen?
So viele Fragen, so viel Unsortiertes, so viel Chaos, so viel Unordnung, so viele bereits geformte Puzzleteile, so viel von unterschiedlichsten Gedanken…
Da ist die Verführung wirklich groß einfach meine alte Form des Puzzleteils, das ich darstellte, wieder einzunehmen. Wie wunderbar bequem, einfach und überaus verträglich wäre dies für meine Umgebung. Doch dann wäre die Reise für mich kaum sinnvoll gewesen. Doch wo soll ich hin mit all meinen Gedanken? Wer sortiert diese für mich? Filtert sie und sagt mir wo lang ich gehen sollte? Keiner. Ich muss das selbst herausfinden. Das ist eben ein Teil des Weges, den ich allein gehen muss. Die Kunst dabei ist, allein zu gehen, mich dabei aber nicht zu isolieren, bei meiner Familie zu bleiben und doch voranzukommen. Sie ein Stück mit zu nehmen ohne sie zu übergehen und bei allem mir selbst treu zu bleiben.
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Das ist ein Auszug von dem, was mich kurz nach meiner Rückkehr bewegt hat. Eine Fortsetzung folgt, seid gewiss 🙂