Nun, nachdem ich zwei Blog-Einträge (Vietnam – eine Reise hat begonnen und Vietnam – kleine Schritte) nach/über Vietnam veröffentlicht habe und einige Feedbacks erhielt, bin ich fasziniert, was von dem Geschriebenen hängen geblieben ist und welche Interpretationen sich daraus ergeben haben.
Ja, ich möchte etwas in meinem Leben verändern und ja ich hinterfrage einiges, möchte bewusster leben, intensiver Wahrnehmen, mein Leben gestalten und heute nicht nur für das Morgen leben und arbeiten. Ich möchte auch mal verrückte Dinge tun, lachen, weinen, den ein oder anderen festgetrampelten Pfad verlassen, über den Tellerrand schauen, manch altes Muster ablegen, neugierig bleiben, Hinschauen, meinen Kindern die Vielfalt der Welt zeigen, sie sensibilisieren, sie umarmen, loslassen und ihnen immer Rückhalt geben. Mich auch mal mit meinen Ängsten auseinandersetzen, sie nicht einfach hinnehmen, sie auch einfach mal loslassen und mich nicht hinter ihnen verstecken. Und genau in diesem Zusammenhang fällt mir die Begegnung mit Dung in Phát Diem ein. Ich bin nicht gerade ein esoterischer Typ Mensch und doch glaube ich manchmal an Fügung und nicht an Zufälle. Dung war mein magischer Moment der Reise.
Dung sprach mich vor dem Kloster, in dem wir eine Nacht verbrachten, an. Sie war auf der Suche nach Menschen mit denen sie Englisch sprechen konnte, um es auch mal zu praktizieren. Und ehe ich mich versah hakte sich diese liebe und freundliche junge Frau bei mir unter und wir liefen allein durch die Straßen von Phát Diem. Auf diesem Spaziergang, der nur ein zwei Stunden dauerte, zog mein ganzes Repertoire an Vorteilen und Ängsten wie ein Zeitraffer an mir vorüber. Sogleich nach Dungs erster liebevoller Geste der Vertrautheit, die ja eigentlich gar nicht hätte da sein können, kannten wir uns doch erst ein paar Minuten, klingelte meine erste Alarmglocke in mir. Gedanken wie „Was möchte diese junge Frau wirklich von mir, kann ich ihr trauen?“ kamen mir reflexartig in den Kopf. Als ich dann allein mit ihr zum Markt lief, kamen Gedanken dazu wie „Scheiße, ich kenne mich hier nicht aus, wo führt sie mich hin, ist meine Kameratasche zu, meine Geldbörse unter meinem T-Shirt…“. Als wir dann in dem Planen überzogenem Markt waren, alle Frauen auf uns einredeten, Dung ihnen irgendetwas antwortete und ich nur irritiert im Kreis lächelte, ließ ich los und gab die Kontrolle ab. Ich spürte regelrecht, dass ich mich entspannte und selbst Fragen stellte. Ich zeigte den Frauen ein Video, das Tim mir von meinen Mädchen einige Tage zuvor geschickt hatte. Alle freuten sich, lächelten mich an und ich wurde wie ein Ehrengast bewundert. Sicherlich war mir diese Situation unangenehm, weil ungewohnt und etwas wie Scham kam in mir auf, weil ich anfangs so misstrauisch und fast ängstlich war. Mir tat niemand was und auch niemand hatte es vor. Und als wir dann weitergingen und Dung mir unbedingt etwas schenken wollte, damit ich mich immer an sie erinnerte, kam ich erneut an meine Grenzen und ein weiterer innerer Dialog machte sich selbstständig „Ich kann doch von dieser jungen Studentin nichts annehmen, sie hat doch selbst kaum was…“ Ich tat es aber, war sehr dankbar für diesen Moment, für diese rührende Geste und dem Bedürfnis der Verbundenheit. Ich trage diesen Talisman jeden Tag bei mir und werde dadurch immer an diese tolle Begegnung erinnert und auch daran, dass ich mich meinen Unsicherheiten und Ängsten ruhig stellen sollte, sich daraus etwas Wunderbares ergeben kann. Ich habe noch heute zu Dung Kontakt, wir schreiben uns, schicken einander Fotos und berichten von unserem Alltag und den so unterschiedlichen Welten. Sie nennt mich große Schwester und ich fühle mich wirklich, das mag komisch klingen, mit ihr verbunden. Diese Begegnung hatte für mich etwas magisches, es schien wohl auch so als das ich danach anders, entspannter und in mir ruhender wirkte, solch ein Feedback habe ich zumindest bekommen. Und noch heute frage ich mich, was da mit mir passiert ist und warum es mich noch nachhaltig beschäftigt und berührt. Und ich denke es liegt einfach daran, dass ich mich geöffnet habe, mich meiner Angst vor dem Fremden stellte und Vertrauen gab ohne vorheriger Absicherung und doppelten Boden. Und das ist in jedem Fall eine Sache, die ich mir bewahren möchte und die auch meinen Alltag begleiten soll.
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Die folgenden Fotos passen zu diesen Tourblog-Einträgen: